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Zeit für eine Entscheidung

Andi besucht das erste Mal eine schwule Disco. Wie wird diese Nacht enden?

Eine Woche, nachdem er seinen Führerschein in der Tasche hatte und zwei Wochen nach seinem achtzehnten Geburtstag lieh Andi sich das Auto seiner Tante und fuhr in die »große Stadt«. Er hatte ein besonderes Ziel. Es dämmerte bereits. Obwohl es erst später Nachmittag war, sank die Dunkelheit schon bald über diesen Novembertag herab und noch bevor die Morgensonne die Nacht beendete, sollte sich Andis Leben radikal geändert haben.

Andi war hellwach. Er hatte eine Art Hochgefühl im Bauch und merkte, dass er unkonzentriert fuhr. Seine Gedanken schweiften immer wieder ab, er dachte über die vergangenen Jahre nach, besonders über einen Aspekt dieser Jahre: seine Sexualität. Aufgewachsen war er in einem kleinen Dorf, so klein, dass nicht einmal ein Linienbus dort hielt. Sein Vater war Bauer mit Leib und Seele. Seine Mutter war Bäuerin mit Leib und Seele. Andreas, von allen Andi genannt, liebte den Hof, wollte ihn auch irgendwann übernehmen. Allerdings in ferner Zukunft, denn eine Zeitspanne von mehr als ein paar Jahren erschien ihm noch zu unwirklich, um sich schon darüber Gedanken zu machen. Bei dieser eher verschwommenen Zukunftsplanung war ihm aber in der Pubertät etwas dazwischen gekommen, was er nicht länger ignorieren konnte: Andi war schwul.

Zum ersten Mal bewusst wahrgenommen hatte er das mit dreizehn, zuvor hatte er sich nie ernsthafte Gedanken um Sex gemacht. Zwar hatte er oft zusammen mit seinem besten Freund Mario in Pornozeitschriften geblättert, aber die Bilder nackter Menschen hatte er bis dahin nur als interessant empfunden. Ganz im Gegensatz zu Mario, der schon seit er zwölf war davon sprach, dass er täglich wichste. Als dann plötzlich seine Sexualität erwachte, merkte Andi, dass ihn zwar der Anblick der nackten Frauen in den Pornomagazinen immer noch nicht sonderlich packte, die dort ebenfalls vorhandenen Bilder nackter Männer erregten ihn aber umso mehr. Zu seinem Leidwesen waren diese aber deutlich spärlicher gestreut.

Mario hatte bald seine erste Freundin und berichtete Andi nach einigen Monaten mit stolzgeschwellter Brust vom ersten Sex. Andi hörte aufmerksam zu, weniger weil es ihn wirklich interessierte, sondern um sich eine glaubwürdige Geschichte über sein erstes Mal zurechtzulegen. Weil er mit Mädchen diesbezüglich nichts anfangen konnte und sich an Jungen nicht herantraute, war ihm klar, dass sein erster Sex noch in weiter Ferne lag. Dabei gab es einige Mädels, die sich beim Schützenfest oder in der Dorfdisco an ihn heranmachten. Andi war, dank der Arbeit auf dem Hof, schlank und gut gebaut und hatte zudem hübsche dunkle Augen. Ein gesund aussehender junger Mann, den viele der gleichaltrigen Mädchen anziehend fanden. Andi zog sich jedoch stets zurück, bevor es zu intim wurde. Er wusste, er hätte es den Mädchen ohne weiteres »besorgen« können. Sie ekelten ihn nicht an, aber sie erregten ihn nicht. Schon die Reizung beim mechanischen Akt würde aber mehr als ausreichen, damit er mit den Mädels hätte schlafen können. Er konnte schließlich auch auf sein Kopfkissen ejakulieren. Aber er fand die Mädchen nett und wollte sie nicht so »missbrauchen«, nur um seinen Freunden eine Sexgeschichte zu erzählen, die er sich genauso gut ausdenken konnte.

Natürlich war es für Andi in den folgenden Jahren nicht leicht gewesen, sein »Anderssein« zu akzeptieren. Er hoffte lange Zeit, dass es nur eine Phase war, die vorübergehen würde und nach deren Ende würde er wie von Zauberhand plötzlich auf Mädels stehen. Wenn er Mario mit seiner Freundin sah (mittlerweile schon die zweite), malte er sich aus, wie das dann wohl sein würde. So ganz normal zu sein. Aus dieser Art des Normalseins wurde aber nichts. Selbst als er siebzehn wurde, war von dem herbeigesehnten Phasenende keine Spur. In diesem Alter hatte er dann seinen ersten Sex und seitdem wusste er definitiv, dass er schwul war und nie anders sein würde. Nur per Zufall hatte er einen anderen jungen Mann kennengelernt. Ralf kam aus einem anderen Bundesland und war für ein dreimonatiges Praktikum auf dem Hof. Schon nach wenigen Tagen erwischte er Andi beim Wichsen. Nun kam eines zum anderen und bald wichsten sie gemeinsam. Die ersten paar Male sahen sie sich nur beim Wichsen zu, doch bald legten sie gegenseitig Hand an.

Ralf war etwas größer als Andi und muskulöser. Stets war es seine größte Angst, dass man sie entdecken würde und so war er bei ihren Sexspielchen immer mit einem Ohr am Lauschen. Obwohl sie gleich alt waren, kam Andi der andere Junge ansonsten aber viel erwachsener vor. Ralf wusste genau, wie sein zukünftiges Leben aussehen sollte und hatte Andi mehr als einmal davon berichtet: In spätestens zehn Jahren würde er den Hof seines Onkels übernehmen und dann heiraten. Ein Mädchen natürlich, das gehörte sich einfach so. Es war für Ralf unvorstellbar, seinen Eltern oder Bekannten zu erzählen, dass er schwul sei. Andi hingegen wünschte sich manchmal insgeheim, dass jemand sie entdecken würde, dann müsste er sich nicht mehr verstecken. Es belastete ihn zusehends, dass er seine Eltern belügen musste. Vor allem seinen Vater, bei seiner Mutter war er sich nicht sicher, ob sie nicht etwas ahnte. Im Gegensatz zu seinem Vater sprach sie schon lange nicht mehr davon, dass er sich eine Freundin suchen soll.

Andi schrak aus seinen Gedanken auf, als ihn ein entgegenkommendes Auto anhupte, weil er das Fernlicht nicht ausgestellt hatte. Während er weiter durch die Abenddämmerung fuhr, erinnerte er sich, wie Ralf ihn damals erwischt hatte. Es war so aufregend gewesen! Er hatte, wie schon so oft, in der hinteren Ecke des seit Jahren leerstehenden Schweinestalls in einem verklebten Pornoheft geblättert und dabei gewichst.

Das Magazin war noch neu gewesen, als Andi es ein paar Monate zuvor in die Hände bekam. Er hatte seine Mutter in die Stadt gefahren und schlenderte alleine herum, während sie nach Klamotten Ausschau hielt. Es war nicht das erste Mal, dass er bei einem Stadtbesuch am Bahnhofskiosk hängen blieb. Immer wieder schlenderte er dann dort an den Regalen mit den Pornoheften vorbei, wusste mittlerweile auch genau, wo die schwulen Magazine standen. Natürlich hätte er sich nie getraut, auch nur eines der Hefte dort anzufassen oder gar zu kaufen. Diesmal hielt er es nicht mehr aus. Im Vorbeigehen griff er sich blindlings eines der Magazine und steckte es blitzschnell unter seine Jacke, dann bewegte er sich auf den Ausgang zu. Als er die Tür passierte, fiel ihm ein Stein vom Herzen, doch in diesem Moment legte sich eine Hand auf seine Schulter. »Junger Mann!«, sagte eine tiefe Stimme.

Andi erstarrte und innerlich brach er zusammen. Jetzt würde alles herauskommen! Das Heft rutschte in diesem Moment durch seine Jacke und hing nun unten halb heraus. Eine große behaarte Hand griff danach. Andi dreht sich zu dem Mann um. Es war der Besitzer des Kiosks. Mit einer Hand hielt er das Heft, mit der anderen hatte er Andi fest an der Schulter gepackt. Er betrachtete kurz das Titelblatt, dann hob sich sein Blick und er musterte Andi kritisch. Nach einem Moment, der Andi wie eine Ewigkeit vorkam, seufzte er. »Habt ihr kein Internet?«, fragte er.

Andi verneinte kopfschüttelnd, dann nickte er. »Doch, aber es ist sehr langsam und bricht ständig ab.«

»Kommst vom Dorf, was?«, fragte der Mann, aber er wartete keine Antwort ab. »Hier nimm!«, er reichte Andi das Heft. »Aber wage es nicht noch einmal, hierher zu kommen!« Er ließ Andis Schulter los und ging zurück in seinen Kiosk. Andi starrte einen Augenblick fassungslos auf das Pornoheft in seiner Hand, dann steckte er es hastig in seine Jacke und lief davon. In dieser Nacht kamen die ersten Flecken auf das Heft.

Andi kannte mittlerweile jedes Bild in- und auswendig. An jenem Tag im Stall, als Ralf ihn entdeckte, saß er wie so oft im Schneidersitz auf dem Boden, das Pornomagazin lag auf seinen Knien und seinen Schwanz hielt er in der Rechten, als er eine Stimme hörte: »Was machst du denn da?« Er hatte sich erschrocken zu Ralf umgewandt. Der Blick des anderen Jungen fiel auf das Heft. »Sieht geil aus!«, sagte der nach kurzem Zögern.

Nach diesen Worten dauerte es nicht lange, bis beide mit heruntergelassener Hose und nacktem Hintern vor dem Strohballen standen, auf dem das Heft lag, und sich die Schwänze wichsten. Andi hatte nie zuvor den steifen Schwanz eines anderen Mannes außerhalb von Bildern gesehen. Natürlich hatte er schon die schlaffen Schwänze anderer Jungs gesehen, zum Beispiel beim Baden im See oder beim Duschen nach dem Sportunterricht, aber da wagte er kaum hinzugucken. Andi sah nun aber genau hin und war erleichtert, dass Ralfs Schwanz genauso groß war wie seiner, der Anblick der ganzen steifen Riesenschwänze in dem Magazin hatte ihn langsam daran zweifeln lassen, ob er überhaupt normal bestückt war. Er stellte fest, dass seiner sogar etwas dicker als Ralfs war. Andi fand Ralfs Schwanz wunderschön, er war beschnitten, mit violetter dicker Eichel und einem adrigen, geraden Schaft. Der Anblick von Ralfs steifem Schwanz und halb nacktem Körper brachte ihn damals innerhalb weniger Sekunden zum Höhepunkt. Stöhnend verspritzte er im hohen Bogen seinen Samen. »Geil!«, rief Ralf und kam ebenfalls. Ihrer beider Samenflüssigkeit vermischte sich auf dem Bild zweier nackter, muskulöser Männer. Neue Flecken.

Nach diesem fast gleichzeitigen Abspritzen, sahen sich die beiden Jungs einen Moment lang wortlos an, dann zog Ralf schnell die Hose hoch und lief hastig davon. Andi verstand, warum der andere Junge so entsetzt war. Auch ihm ging nun einiges durch den Kopf. Er war aufgeregt, aber er war sich nun auch sicher, dass er auf Männer stand, dass er schwul war. Vielleicht ging es Ralf ebenso? Außerdem war er so aufgegeilt, dass er gleich noch mal wichsen musste, dabei dachte er an Ralf. Am nächsten Tag schien Ralf sich mehr als beruhigt zu haben. Am Nachmittag fragte er Andi, ob sie mal »in den Stall gehen wollen«. Fortan war das ihre Losung, um gemeinsam wichsen zu gehen. Bald taten sie das mehrmals täglich. Auch die übrige Zeit hingen sie nun oft zusammen rum, halfen sich gegenseitig bei der Arbeit und den Schularbeiten und redeten über alles Mögliche, wobei Ralf aber das Thema Sex tunlichst vermied. Bald war das Pornoheft nicht mehr wichtig. Sie standen sich direkt gegenüber, beobachteten sich beim Wichsen. Meistens völlig nackt, manchmal nur mit heruntergelassener Hose. Ralfs Hals und bereits recht muskulöse Brust liefen dabei immer rot an, was Andi auf eine Art erregte, die er sich nicht erklären konnte.

Einmal trat Ralf dann mutig näher an Andi heran, selbst sein Gesicht wurde dabei hochrot, und nahm Andis Schwanz in die Hand. Das Gefühl, erstmals fremde Finger an seinem Schwanz zu spüren, überwältigte Andi, er kam schnell, sein Samen spritzte gegen Ralfs muskulöse Oberschenkel. Ralf stöhnte, hielt Andis Schwanz weiter im festen Griff, während er sich selbst wichste, bis er kam. Beim nächsten Mal wichsten sich die beiden gegenseitig und so machten sie es fortan immer. Eines Tages, als Andi mal wieder Ralfs Sperma auf die Hand spritzte, hob er sie hoch und roch daran, dann leckte er vorsichtig mit der Zunge darüber. Der Geruch erregte ihn. »Du nimmst das in den Mund?«, fragte Ralf erstaunt.

»Ja, nur mal so«, sagte Andi. »Ist irgendwie geil ...«

»Bäh! Ist doch wie Pisse!«, erwiderte Ralf und verzog sein Gesicht.

Als sie am Abend wieder gemeinsam in den Stall gingen, bemerkte Andi, dass Ralf noch stiller war als sonst, als würde er über irgendetwas nachdenken. Als sie ihre Hosen herunterschoben, beide hatten schon steife Schwänze, sagte Ralf mit großen Augen. »Ich kann dir mein Zeug auch direkt in deinen Mund spritzen, wenn du willst...« Andi überlegte nur einen Moment, dann kniete er sich nieder, sah zu Ralf auf und öffnete den Mund. Der sah ihn einen Moment überrascht an, dann schob er seinen Penis in Andis Mund. Andi schmeckte den Schwanz, er spürte den Schwanz, und er war geil wie nie zuvor. Gleichzeitig fühlte er ein seltsames Flattern im Bauch, wenn er zu Ralf hinaufsah. Er lutschte den Schwanz mit Hingabe und Geilheit, dabei vergaß er sogar, seinen eigenen Schwanz zu wichsen, der aber trotzdem steif und hart im spitzen Winkel aufrecht stand.

»Oh ja ... so geil«, sagte Ralf, dann sagte er nichts mehr, genoss stöhnend die neue Erfahrung. Es dauerte nicht lange, bis Ralf schließlich kam und Andi seine Ladung tief in den Hals schoss. Andi kam wenige Sekunden später, und musste seinen Schwanz dazu nicht einmal anfassen, sein Samen schoss einfach so hervor. Ralf sah auf ihn herunter, etwas Seltsames lag in seinem Blick. Er beugte sich herab und küsste Andi auf den Mund. Ihre Lippen berührten sich nur flüchtig. Andi erhob sich und küsste Ralf erneut und intensiver, ihre steifen Schwänze berührten sich dabei. Plötzlich trat Ralf einen Schritt zurück. Andi sah verwundert, dass ihm Tränen in den Augen standen. »Mist, Mist, Mist!«, sagte Ralf, zog sich die Hose hoch und machte sich rasch davon.

Am nächsten Tag ging Ralf ihm aus dem Weg, auch am folgenden Tag. Am Abend erfuhr Andi von seiner Mutter, dass Ralf schon vorzeitig wieder nach Hause fahren würde. »Weil er meint, dass er hier genug gelernt hat. Er will sich noch andere Höfe ansehen ... Er fährt noch heute mit dem Zug zurück. Weiß nicht was mit dem Jungen plötzlich los ist. Diese Jugend heutzutage!«, sie schüttelte den Kopf. Andi hätte fast losgeheult. Er schluckte und ging dann schnell davon. Sein Weg führte ihn direkt zu Ralfs Zimmer. Dort klopfte er nicht an die Tür, sondern riss sie einfach auf. Ralf packte gerade seinen Koffer. Die beiden Jungs standen sich einen Augenblick wortlos gegenüber. »Was, was ... ist los?«, fragte Andi und gab sich Mühe nicht zu heulen.

»Ich muss nach Hause«, sagte Ralf mit ausdrucksloser Stimme und packte weiter seine Sachen in den Koffer.

»Wieso?«, fragte Andi wütend und traurig zugleich. Ralf schloss den Koffer und hob ihn hoch. Er ging wortlos an Andi vorbei. »Wieso?«, fragte Andi erneut. Ralf wandte sich um und sah Andi in die Augen.

»Weil ich dich liebe«, sagte er. »Du weißt, so etwas passt nicht in mein Leben!« Er wandte sich ab und ging weiter. Andi blieb stumm, wie erstarrt, zurück. Ihm wurde in dem Moment erst klar, dass er Ralf ebenfalls liebte.

Der Wagen passierte das Stadtschild, während Andi sich an das letzte Telefongespräch mit Ralf erinnerte, einen Tag nachdem dieser abgefahren war. Ralf war wortkarg gewesen. »Es ist vorbei«, hatte er nur gesagt. »Daran kannst du nichts ändern.« Dann fügte er hinzu. »Ich will nicht, dass du jemals wieder Kontakt mit mir aufnimmst.« Nach diesen Worten unterbrach Ralf die Verbindung. Andi heulte sich die darauffolgenden Nächte in den Schlaf.

Eines Morgens nahm ihn seine Mutter beiseite. »Andreas«, sagte sie. »Es gibt immer wieder Dinge ihm Leben, die ... die einen traurig machen.«

Andi schüttelte den Kopf, innerlich rasten seine Gedanken, wusste seine Mutter von ihm und Ralf? »Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte er energisch.

Sie musterte ihn kritisch. »Du wirst darüber hinwegkommen ... egal worum es geht«, sagte sie dann. »Es gibt immer andere Möglichkeiten, das Leben bietet jedem so viele Wege und Möglichkeiten. Es kommt nur darauf an, die richtigen Entscheidungen zu treffen.«

»Aha ... und woher weiß man, welches die Richtigen sind?«

Seine Mutter seufzte. »Das weiß man nie und manchmal ist man einfach nur von den Entscheidungen anderer Leute abhängig.« Andi musterte seine Mutter einen Augenblick wortlos, dann ging er auf sein Zimmer und heulte.

Andi kam darüber hinweg. Schon wenige Wochen später dachte er seltener an Ralf, höchstens noch ein oder zweimal pro Tag, aber es tat wenigstens nicht mehr so weh. Außerdem geisterte noch etwas anderes durch seine Gedanken, weniger romantisch, aber nicht weniger real: Der Gedanke an andere Männer. Jeden Abend beim Wichsen dachte er daran zurück, wie er Ralf den Schwanz gelutscht hatte, er blendete dabei Ralfs Gesicht aus. Er ersetzte es in seinen Gedanken durch Gesichter aus dem Pornoheft, manchmal auch durch die Gesichter von anderen Jungs aus der Schule. Schließlich wurde Andi bewusst, dass er wieder Sex haben wollte. Er hatte das Gefühl, sonst zu platzen.

Nun, ein Jahr später, war er mit dem Wagen auf dem Weg zu der größten schwulen Veranstaltung im weiten Umkreis. Eine schwule Party, die einmal im Monat stattfand und die viele schwule Männer aus der Umgebung besuchten. Ralf hatte ihm mal davon erzählt. Er hatte im gleichen Atemzug natürlich sogleich ausgeschlossen, dass er dort jemals hingehen würde, schließlich könnte ihn dort jemand erkennen. Andi hatte sich vor einigen Wochen die Adresse der Disco herausgesucht und dann, nach tagelangem Zögern, dort angerufen. Das war vor knapp vier Wochen gewesen. Eine freundliche, sehr jung klingende Frau, hatte ihm erklärt, dass die Gayparty gerade erst gewesen wäre und dass sie in knapp vier Wochen, am 12. November wieder stattfände.

Andi parkte den Wagen ein gutes Stück von der Disco entfernt, denn sämtliche Parkplätze im nahen Umkreis waren bereits besetzt. In dem Moment, als er aus dem Wagen stieg, parkte nicht weit entfernt ein anderes Auto. Ein groß gewachsener blonder Junge in Andis Alter schwang sich heraus und sah sich schüchtern um, kurz glitt sein Blick auch über Andi hinweg. Andi beobachtete den Jungen aus dem Augenwinkel. Er wirkte nicht schwul, eher etwas prollig. Aber dieser Junge war nach Ralf der erste andere Mann, bei dem er sicher sein konnte, dass er auch schwul war. Was sollte er schließlich sonst hier machen? Langsam ging Andi die Straße entlang. Er merkte, dass der blonde Junge dieselbe Richtung einschlug.

Etwa hundert Meter und eine Straßenbreite trennten Andi noch von der Menschentraube, die sich vor dem Eingang der Disco gebildet hatte. Er blieb stehen und sah fasziniert hinüber, dann überquerte er die Straße. In dem Moment raste ein Wagen heran, der fuhr zwar schnell, aber Andi war sich sicher, dass der noch genug Zeit hatte anzuhalten, er dachte daher kaum darüber nach, hatte andere Dinge im Kopf. Doch der Wagen verringerte seine Geschwindigkeit nicht. Ein großer Mann mit Dreitagebart rief: »Hey, Mann! Vorsicht!« Erst in diesem Moment wurde sich Andi der Gefahr bewusst. Er sprang zur Seite und der Wagen, der nun endlich langsamer wurde, verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Der Wagen stoppte mit quietschenden Reifen. Der Fahrer war nur schemenhaft hinter der dunklen Scheibe zu erkennen.

Zeit für eine Entscheidung.

Andi stand noch unter Schock, als der Fahrer den Motor wieder startete und schneller als zuvor davon raste. »Was für ein Idiot!«, sagte der blonde Junge.

»Aber echt!«, erwiderte Andi.

Der Junge sah ihn prüfend an. »Alles okay?«

»Jaja«, sagte Andi. »Alles bestens. Nur ein kleiner Schreck.« Andis Blick fiel auf den Mann, der »Vorsicht« gerufen hatte. Er war schon älter, bestimmt in den Dreißigern. Er nickte Andi zu. Andi überlegte kurz, ob er sich bei dem Mann bedanken sollte, aber dann verdrängte er den Gedanken und wandte sich dem blonden Jungen zu. »Ich heiße Andi«, sagte er, »und du?«


... weiter geht es im Buch!